Die nicht gerade lange Geschichte der „Johann-Gottfried-Seume-Gesellschaft zu Leipzig e.V.“ hat am 30. Juni 2020 ihr Ende gefunden. Heimatlos brauchten ihre Mitglieder gleichwohl nicht zu werden. Der kaum ältere Seume-Verein „Arethusa“ hatte ihnen, angeregt von dessen Vorsitzenden Lutz Simmler, den Eintritt in ihre Reihen schmackhaft gemacht - mit einer Änderung ihres Namens, der Aufnahme neuer Aufgaben in seine Satzung und die Weiterführung des vertrauten Vereinsblatts. Die „Obolen“ sind jetzt das Mitteilungsblatt der „Internationale(n) Johann-Gottfried-Seume-Gesellschaft ,ARETHUS` e.V.“ Grimma.
Ohnehin hatte es schon immer Doppelmitgliedschaften gegeben. Und vor allem die frühen Ausgaben der „Obolen“ zeugen von enger Zusammenarbeit beider Vereine. Sie sind auch nicht zufällig fast zeitgleich gegründet worden, „ARETHUSA“ am 10. Januar 1998, die Seume-Gesellschaft am 11.Mai 1999. Gründungsanlass war in beiden Fällen die Aussicht auf Jubiläumsfeiern: Johann Gottfried Seume ist am 06. Dezember 1801 in Grimma zu seiner legendären Wanderung nach Sizilien aufgebrochen, die sich in seinem Hauptwerk: „Mein Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“ niederschlug.
In Grimma wollten seine nachgeborenen Fans, 200 Jahre danach, die Leistung des „Spaziergängers“ würdigen und organisierten unter anderem eine Art Pilgerreise nach Syrakus, die einige ARETHUSA-Mitglieder immerhin mit dem Fahrrad unternahmen. Dort traf man sich am 01. April 2002, am Jahrestag von Seumes Ankunft an gleicher Stelle 200 Jahre zuvor, an der Arethusa-Quelle mit den Leipzigern. Deren Vorsitzender, der Bielefelder Professor Dr. Drews, hatte eine Jubiläums-Tagung in der Universitätsstadt Catania mit italienischen Freunden organisiert.
Dass der damalige Vorsitzende und maßgebliche Gründer der Seume-Gesellschaft nicht nur mit deutschen Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern und Universitäten vernetzt war, bewies er immer wieder bei Tagungen und Exkursionen. Bei einem zweiten Seume-Jubiläum führte er die Vereinsmitglieder sogar ins Baltikum. Das war im Jahr 2005, in Erinnerung an Seumes Nordlandreise 200 Jahre zuvor („Mein Sommer 1805“). Erst tagte man in Lettlands Hauptstadt Riga und traf sich anschließend in der estnischen Universitätsstadt Tartu/Dorpat mit den Freundinnen und Freunden von ARETHUSA.
Auch später blieb die Seume-Gesellschaft keineswegs untätig, was sich in mehreren Tagungsberichten und Aufsätzen niederschlug, veröffentlicht im „Aisthesis Verlag“. Der Mangel an Jubiläen begann sich freilich bemerkbar zu machen. Jörg Drews fand zwar noch immer Anlässe und Orte für Treffen mit interessanten Gästen – aber 2009 starb der Vorsitzende. Die Relevanz seiner Persönlichkeit und seiner Kontakte für die Seume-Gesellschaft, etwa zu eifrigen Bielefelder Studierenden, wurde offenkundig.
Unter seinen Nachfolgern hat sich insbesondere der Leipziger Autor und Verleger Dr. Otto Werner Förster hervorgetan - aufopfernd unterstützt von den Mitgliedern des Vorstands. Erwähnt sei Dr. Gabi Pahnke, die noch zwei Aufsatz-Bände herausgab, und Georg-Meyer-Thurow, dem letzten Vorsitzenden der alten Seume-Gesellschaft. Ohne ihn sind die „Obolen“ undenkbar – weshalb er als zweiter Vorsitzender der neuen Seume-Gesellschaft weiterhin für deren Erscheinen sorgt.
K.W. Biehusen 11.07.2020